Pressemeldungen
Suizidbeihilfe: Christliche Mediziner wenden sich an Bundestagsabgeordnete
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Mediziner fordert Abgrenzung zur Tötung auf Verlangen
Marburg. In einem Schreiben an alle Bundestagsabgeordneten zur gesetzlichen Neuregelung der Suizidbeihilfe warnt die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Mediziner (ACM) vor einem unzureichenden Schutz der Schwachen. Im Februar 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht das 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Der Bundestag wird sich in nächster Zeit mit einem ersten Vorschlag zur Neuregelung beschäftigen. Hierzu legt die ACM einen Eckpunktpunktekatalog vor, der bei dieser Debatte dringend beachtet werden müsse.
"Mit der Erklärung der Verfassungswidrigkeit von § 217 StGB besteht aus unserer Sicht die große Gefahr, dass insbesondere vulnerable Bevölkerungsgruppen, Minderheiten sowie Menschen mit körperlichen und seelischen Einschränkungen und Belastungen nicht ausreichend geschützt werden können", warnt der Arbeitskreis Ethik der ACM unter Koordination von Dr. med. Markus Frenz (Bremen).
Die christlichen Mediziner weisen in ihrem Schreiben darauf hin, dass der Staat die Aufgabe habe, das Grundrecht auf Leben zu schützen. In Deutschland gibt es jährlich rund 100.000 Suizidversuche mit etwa 10.000 vollzogenen Suiziden. Von diesen sind rund 90% Ausdruck einer akuten Belastung oder psychiatrischen Erkrankung. "Wir brauchen dringen eine breit und langfristig angelegte Initiative zur nachhaltigen Suizidprävention. Für unsere Patienten ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts das falsche Signal. In den schweren Ausnahmesituationen psychischer Erkrankungen brauchen Menschen menschliche Begleitung, einen niederschwelligen Zugang zu professionaler Unterstützung und Therapie" sagt Dr. Oliver Dodt, Psychiater und Psychotherapeut.
Der Palliativmediziner Dr. med. Ingmar Hornke hält in diesem Zusammenhang fest, "dass ein Wiedererstarken der (Mit-)Menschlichkeit in Medizin und Pflege den wichtigsten Beitrag zu einer verantwortlichen strukturellen Antwort der Gesellschaft auf den Wunsch nach Suizidbeihilfe darstellt. Medizin als Gesundheitswirtschaft tötet hingegen die Menschlichkeit der Hilfebeziehung. Als Gegenentwurf dazu ist Palliativmedizin ein geeigneter und höchst wirksamer Beitrag."
Die ACM fordert eine deutliche Abgrenzung der Suizidbeihilfe zur Tötung auf Verlangen. Zugleich tritt sie für klare Regelungen zur Sicherstellung einer tatsächlich autonomen Entscheidung zur Suizidbeihilfe ein, die nicht manipuliert oder aus einer Belastungssituation heraus gefällt werden dürfe.
Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Mediziner gehört zur SMD, einem Netzwerk von Christen in Schule, Hochschule und akademischer Berufswelt, und hat in den letzten Jahren immer wieder zu medizinethischen Themen Stellung bezogen.
Die Kurzversion der Stellungnahme sowie eine detaillierte Erläuterung der ausführlichen Stellungnahme der ACM vom Juni 2020 findet sich bei www.acm-deutschland.de unter "Ethik".
Kontakt für Rückfragen: ethik(at)acm-deutschland.de